Rückenschmerzen vermeiden: Das Kreuz mit dem Kreuz

Das Kreuz mit dem Kreuz
Lesedauer: 3 Minuten

Viele Berufstätige verbringen nicht nur ihre Arbeitszeit weitgehend im Sitzen. Sei es am PC oder Telefon oder im Gespräch mit Kunden oder in firmeninternen Meetings. Deshalb sind Rückenprobleme vorprogrammiert.

Rückenbeschwerden sind neben psychischen Erkrankungen die Volkskrankheit Nummer eins. Laut einer Statistik der Betriebskrankenkassen waren schon mehr als 80 Prozent aller Arbeitnehmer über 40 Jahren einmal wegen des berühmt-berüchtigten Hexenschusses kurzfristig bewegungsunfähig. Außerdem wird jeder zwanzigste Deutsche im Verlauf seines Lebens wegen eines Rückenleidens operiert. Zudem sind etwa die Hälfte aller Frühverrentungen unter anderem auf Wirbelsäulenprobleme zurückzuführen.

Schmerzursache Haltungsfehler und einseitige körperliche Belastung

Diese Zahlen decken sich mit den Befunden in meiner Praxis. Von meinen Klienten klagen mehr als die Hälfte bei ihren Erstbesuchen unter anderem darüber, dass sie mehr oder minder regelmäßig Rückenschmerzen haben. Diese sind meist nicht organisch bedingt. Vielmehr liegt die Ursache in Haltungsfehlern und einer einseitigen körperlichen Belastung. Hinzu kommen psychische Faktoren wie Stress. Auch er kann Schmerzen erzeugende Verspannungen hervorrufen.

Entwicklungsgeschichtlich liegt die Ursache für „unser Kreuz mit dem Kreuz“ vor vielen Millionen Jahren. Damals lernte der Mensch den „aufrechten Gang“. Er ermöglichte unseren Urahnen, ihre Hände frei zu benutzen und Werkzeuge herzustellen und zu gebrauchen. Zugleich führte er aber zu einer stärkeren Belastung der Wirbelsäule sowie Hüft- und Kniegelenke. Folglich schleppt der Mensch das Gesundheitsproblem „Rückenschmerzen“ seit Millionen Jahren mit sich herum.

Dafür, dass dieses in unserer Gesellschaft gehäuft auftritt, gibt es viele Gründe. Eine zentrale Ursache ist unsere verlängerte Lebensdauer. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich an unserem Halte- und Bewegungsapparat Verschleißsympthome zeigen.

Die Belastung der Wirbelsäule hat sich geändert

Hinzu kommt: Unsere körperliche Belastung ist heute eine andere als vor 100 Jahren. Zum einen lastet auf unserer Wirbelsäule, wenn wir zum Beispiel stundenlang sitzen und Texte in den PC oder ins Laptop tippen eine Dauerbelastung, von der sie sich nur selten entspannen kann, zum anderen beanspruchen wir dabei nur wenige Muskelpartien. Dies führt auf die Dauer dazu, dass sich bestimmte Muskelgruppen zurückbilden oder verkürzen. Dann bieten sie unserer Wirbelsäule nicht mehr genügend Halt. Die Folge sind schmerzhafte Verspannungen z.B. im Bereich des Nackens (Halswirbel-Syndrom) oder im Bereich der Lendenwirbel (Lendenwirbel-Syndrom).

Eine wichtige Rolle spielen hierbei die sogenannten Bandscheiben. Sie bilden gleichsam einen Puffer zwischen den einzelnen Wirbelknochen. Sie verhindern, dass die einzelnen Knochen aneinander reiben und sich so abnutzen. Durch eine häufige Fehlbelastung können die Bandscheiben überstrapaziert und in ihrer Pufferfunktion eingeschränkt werden. Die Folge: der gefürchtete Bandscheibenvorfall.

Durch Vorbeugung kann man Rückprobleme vermeiden

Solchen Problemen kann man vorbeugen. Am wenigsten belastet werden die Bandscheiben im Liegen. Auch im Sitzen und im Stehen (eine gerade Sitz-/Stehhaltung vorausgesetzt) werden die Bandscheiben nur leicht gefordert. Dazu zwei Beispiele: Eine Sitzhaltung mit leicht vorgebeugtem Oberkörper belastet die Bandscheibe doppelt so stark wie eine „bandscheibenfreundliche“ gerade Haltung. Die Belastung der Bandscheibe im Stehen mit vorgebeugtem Oberkörper ist um mehr als 50 Prozent höher als bei einer geraden Stehhaltung. Ebenso fordert ein „falsches Heben“ mit gekrümmter Wirbelsäule die Bandscheiben sehr stark. Richtig ist es, beim Heben in die Knie zu gehen und den Rücken in gerader Position zu belassen.

Kräftige Hüft-, Oberschenkel-, Rücken-, Brust- und Bauchmuskeln geben der Wirbelsäule den nötigen Halt. Gerade Büroarbeiter sollten deshalb auf einen sportlichen Ausgleich nach Feierabend und am Wochenende achten. Neben speziellen auf diese Muskelgruppen bezogenen Kraft- und Dehnübungen, wie sie zum Beispiel beim Yoga oft praktiziert werden, sind insbesondere Sportarten wie Schwimmen, Joggen, Radfahren oder Wandern zum Ausgleich des arbeitsbedingten Bewegungsmangels geeignet. Diese Ausdauersportarten haben neben dem Muskelaufbau weitere gesundheitsfördernde Effekte. Sie beugen regelmäßig betrieben Herzkreislauferkrankungen vor, sie helfen, Streß abzubauen und fördern einen gesunden erholsamen Schlaf.

Tipps für den Berufs- und Arbeitsalltag

Doch was kann man tun, wenn bei der alltäglichen Büroarbeit Rückenprobleme auftreten? Dann sollten Sie zunächst überprüfen, ob Ihr Schreibtisch und Ihr Stuhl eine Ihrer Körpergröße angemessene Höhe haben; außerdem ob Ihr Bildschirm so steht, daß Sie, ohne zu verkrampfen, auf die Mattscheibe blicken können. Treten anschließend immer noch Probleme auf, helfen Dehnübungen, die Sie auch am Schreibtisch machen können. Meist hilft es bereits, mehrere Minuten aufzustehen, umherzugehen und sich zu recken, damit sich die Verspannungen lösen. Nach Möglichkeit sollten Sie Ihre Sitzposition am Tag mehrfach wechseln; zum Beispiel, indem Sie Ihren Schreibtischstuhl `mal gegen einen Sitzball eintauschen. Oder: Verkürzen Sie die langen Sitzperioden am Schreibtisch doch einfach dadurch, daß Sie bestimmte Arbeiten an einem Stehpult erledigen.

Und noch ein Tipp: Telefonieren Sie – sofern möglich – im Stehen und laufen Sie dabei in Ihrem Büro hin und her. Das mit den tragbaren Telefonen heute kein Problem.

Über die Autorin:

Anja-BotterAnja Botter ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und Yogalehrerin. Sie leitet in Welle in der Nordheide ein Yoga-Studio, in dem sie u.a. Yoga-Kurse und -Personaltrainings anbietet; außerdem eine Praxis für Psychotherapie für psychologische Beratungen

 
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