Von Klartext-Rednern und konsequenten Führern

Von Klartext-Rednern und konsequenten Führern
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Vor einigen Tagen hatte ich das zweifelhafte Vergnügen mit dem neuen Personalleiter eines Mittelständlers zu parlieren – dem Ex-Senior-Consultant einer Beratungsgesellschaft. Er plädiert dafür, mit den Mitarbeitern Klartext zu reden und diese mit mehr Konsequenz zu führen.

Und wie schon so oft langweilte ich mich bei diesem Dialog, nein Monolog, da es dem frischgebackenen Personalleiter primär darum ging, sich als „harter Hund“ zu profilieren. Und ich fragte mich: Hat der Ex-Berater in den letzten 10,12 Jahren geschlafen? Registrierte er nicht, dass sich in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUCA-Welt der Wind in der Führungsdiskussion gedreht hat? Vermutlich nicht!

Klartext reden ja, aber an der richtigen Stelle

Denn in den Dax-Unternehmen, für die er zuvor arbeitete, wäre Klartext reden und Konsequenz zeigen, zwar durchaus nötig gewesen – jedoch im Dialog mit dem Top-Management. Denn diese waren aufgrund ihres Geschäftsgebarens in fast alle Wirtschaftsskandale der letzten Jahre verwickelt, bei denen man als Beobachter oft nur ungläubig den Kopf schüttelt. Ihrem Management müsste man – um eine Floskel des Personalleiters zu gebrauchen – „mal auf die Füße treten“, den Mitarbeitern nicht. Denn die erhielten mehr als genug „Tritte“ – als das Management versuchte, seine Fehler auszubügeln und zu kaschieren.

Klartext-Redner vertragen selten Klartext

Das sagte ich dem Klartext-Redner jedoch nicht. Denn meine Erfahrung mit Klartext-Rednern ist: Sie vertragen meist keinen Klartext. Selbst auf eine sachlich begründete kritische Rückmeldung reagiert „Ihre Majestät“ beleidigt – zumindest wenn sie von aus ihrer Warte „Untergebenen“ kommt. Denn sie haben noch stark das hierarchische Denken (Hierarchie = griechisch für „Herrschaft der Heiligen“) verinnerlicht. Zudem sind sie eher Materialisten als Idealisten. Das heißt, statt sich intrinsisch motiviert zum Beispiel für mehr Qualität bei der (Zusammen-)Arbeit zu engagieren, jagen sie primär Statussymbolen hinterher – wie Titeln, öffentlicher Anerkennung und Luxuskarossen.

Meist Repräsentanten einer antiquierten Führungskultur

Ich bin überzeugt: Unternehmen können nicht darauf verzichten, dass ihre Mitarbeiter klar – also offen und angstfrei – miteinander reden und die nötige Konsequenz in ihrem Handeln zeigen. Auf selbstverliebte Klartext-Redner und machtverliebte Führer hingegen schon. Denn sie sind Repräsentanten einer (Führungs-)Kultur, die im digitalen Zeitalter nicht mehr zielführend ist.

Über den Autor:

Mullerschon, Albrecht DrDr. Albrecht Müllerschön ist Inhaber der Müllerschön Managementberatung, Starzeln (D). Der Wirtschaftspsychologe ist Autor mehrerer Personal-Fachbücher und war Lehrcoach an der Uni Tübingen.

 
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