Für die Zeit nach der Krise eine neue Strategie entwerfen

Für die Zeit nach der Krise eine neue Strategie entwerfen
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Beim Entwickeln einer „Exit-Strategie“ für die aktuelle Krise und einer Strategie für die Zeit nach der Krise können sich die Entscheider in den Unternehmen momentan fast nur auf Annahmen stützen. Deshalb müssen sie bei der Strategieentwicklung agil agieren.

Seit dem Ausbruch der Corona-Krise Anfang März in Deutschland sind einige Wochen vergangen. Auch die Schockwellen, die deren Folgen anfangs bei vielen Unternehmensführern auslösten, sind weitgehend vorüber. Zudem haben sie inzwischen die erforderlichen, kurzfristigen Akutmaßnahmen ergriffen, um zum Beispiel die Liquidität ihrer Unternehmen zu sichern. Deshalb wendet sich das Augenmerk der Top-Entscheider zunehmend der Frage zu: Was können wir tun, um die Existenz unseres Unternehmens mittel- und langfristig zu sichern und aus der Krise eventuell sogar gestärkt hervor zu gehen?

Mittel- und langfristige Folgen für Unternehmen sind verschieden

Recht einfach lässt sich diese Frage bezogen auf die vielen Kleinunternehmen wie Gastronomiebetriebe und Friseursalons beantworten, deren Markt primär ein lokaler ist: Wenig! Bei ihnen lautet die Kernfrage: Haben sie den finanziellen Ressourcen, um die Krise zu überstehen? Wenn nein, sind sie pleite, wenn ja, werden sie, sobald erlaubt, ihre Tore wieder öffnen und ein „business-as-usual“ betreiben – fast so als wäre nichts geschehen.

Anders sieht die Situation bei den meisten größeren Unternehmen aus, deren Markt ein multinationaler oder gar globaler ist. In ihnen stehen sogar erfahrene Entscheider beim Versuch, die Frage „Wie geht‘s weiter?“ zu beantworten, vor ihnen bisher unbekannten Schwierigkeiten, denn

  • einerseits ist der weitere Verlauf der Corona-Krise noch nicht abschätzbar, doch
  • andererseits ist heute schon klar: Bedingt durch die Krise verändern sich die Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handeln dieser Unternehmen so stark, dass sie ihre bisherigen Strategien grundsätzlich überdenken müssen.

Meist lassen sich nur Annahmen und Hypothesen formulieren

Wie vielschichtig und komplex der Change- oder Transformationsprozess  im Gefolge der Krise ist, wird den Entscheidern meist erst klar, wenn sie die Ist-Situation reflektieren. So ist zum Beispiel zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar:

  • Wie wirkt sich die Krise auf die Staatengemeinschaft aus? Wird sie zum Beispiel die EU (oder zumindest Teile von ihr) zusammenschweißen oder bleibt diese nur noch auf dem Papier bestehen?
  • Wie wirkt sich die Krise auf die Nationalökonomien aus? Enthalten sie nach der Krise mehr planwirtschaftliche Elemente und wird die Krise die protektionistischen Tendenzen in den Staaten verstärken und somit zu höheren Handelsbarrieren führen?
  • Entwickeln sich insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern noch mehr „failed states“ und brechen unsere Lieferketten für gewisse Rohstoffe nachhaltig zusammen?
  • Löst die Krise in vielen Branchen einen starken Konzentrations- und Übernahmeprozess aus?
  • Wie stark und in welcher Form wird die Krise die digitale Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft und den Online-Handel puschen?

Ähnliche Fragen stellen sich auf der micro-öknomischen Ebene – zum Beispiel:

  • Werden die Mitarbeiter, die zurzeit praktische Erfahrung mit der Arbeit im Homeoffice sammeln, nach der Krise noch akzeptieren, dass sie fortan wieder täglich von 8 bis 17 Uhr im Büro sein müssen?
  • Wird die Tatsache, dass in der Krise und der darauf folgenden Wiederaufbauphase sehr viele Entscheidungen top-down getroffen werden müssen, die Unternehmenskulturen nachhaltig verändern?

Bei der Strategieentwicklung iterativ und inkrementell vorgehen

Fragen über Fragen, auf die man eigentlich eine Antwort bräuchte, wenn man ein Strategie für die Zeit nach der Krise entwerfen möchte; doch diesbezüglich lassen sich z.Z. nur Hypothesen formulieren und hierauf aufbauende Szenarien entwerfen. Dies sollten die Entscheider in den Unternehmen auch tun, denn es ist und bleibt ihre Aufgabe, in ihren Organisationen die Weichen jetzt für die Zeit nach der Krise in Richtung Erfolg zu stellen.

Hierbei können sie, um zwei Termini aus dem agilen Projektmanagement zu gebrauchen, letztlich nur iterativ und inkrementell vorgehen. Das heißt, sie können aufgrund ihres jeweils aktuellen Wissensstands stets nur vorläufige Strategien und hierauf aufbauende Maßnahmenpläne entwickeln, um dann regelmäßig zu überprüfen: Waren die Annahmen, die ihnen zugrunde lagen, richtig oder müssen wir unsere Strategie modifizieren?

Mit den obigen Fragen sollten sich übrigens zumindest auch alle Strategieberatungen befassen, denn: Wie wollen sie Unternehmen bei der Strategieentwicklung und -umsetzung unterstützen, wenn sie die Krise und ihre möglichen Folgen nicht reflektiert haben?

Über den Autor:

Kraus, GeorgDr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, die unter anderem eine Ausbildung zum „Agile Coach und Transformation Consultant“ anbietet . Er ist unter Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

 
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