A-Mitarbeiter schießen die Tore

A-Mitarbeiter schießen die Tore
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Begeisterungsfähigkeit ist entscheidend, um Kunden langfristig zu überzeugen

Kürzlich kamen zwei Kunden in ein Münchener Fitnessstudio. „Waren Sie schon mal hier? Dann füllen Sie bitte dieses Formular aus. Die zuständige Mitarbeiterin kommt gleich“, sagt der beschäftigte Mann kurz und knapp. Mit dem ausgefüllten Zettel kommt das Paar wieder an den Empfang. „Setzen Sie sich doch bitte wieder.“ „Nicht gerade ein herzliches Willkommen“, raunt sich das Paar zu, „den stören wir wohl.“

Als die „Zuständige“ nach wenigen Minuten kommt, erlebt das Paar immerhin nüchterne Zuwendung: Das ist da, das funktioniert so und ziehen Sie sich mal um, rattert sie runter. Das Angebot ist eigentlich ganz gut, die Atmosphäre allerdings reichlich kühl und der Service alles andere als einladend. Das Paar wird definitiv nicht wiederkommen.

Dienst nach Vorschrift reicht nicht aus

„Ein klarer Fall von C-Mitarbeiter“, urteilt Personalexperte Prof. Dr. Jörg Knoblauch. Geradezu ablehnend verhält sich der Mann am Empfang. Selbst wenn er formal nicht zuständig ist und etwas anderes zu tun hat: In diesem Moment ist er die Visitenkarte des Unternehmens und damit zuständig. Und er versagt nach dem Motto: Vorsicht! Kunde droht mit Auftrag.

Besser macht es die Mitarbeiterin, die sich um die Kunden kümmert, Bescheid weiß, sie informiert und am Schluss auch nach der Zufriedenheit fragt. „Das sind Selbstverständlichkeiten und das ist Dienst nach Vorschrift, also bestenfalls eine B-Mitarbeiterin“, so der geschäftsführende Gesellschafter von Tempus-Consulting, der vor allem Mittelständler berät. Denn die junge Frau strahlt weder Wärme noch Nähe aus, von Begeisterung ganz zu schweigen. Doch das ist in Fitnessstudios wie in der gesamten Dienstleistungsbranche entscheidend – zumal, wenn Kunden das erste Mal einen Club besuchen. Die Konsequenz des Paares muss jeden Studiobetreiber alarmieren.

Die Gallup-Studie von 2015 über das Engagement von Mitarbeitern zeigt, dass 16 Prozent Mutmacher und Leistungsträger sind, 68 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, eben Mitmacher, und 16 Prozent haben bereits innerlich gekündigt. Das sind die Miesmacher, wie der beschriebene Kollege vom Empfang. Ob Industrie, Handel oder Dienstleistungsbranche: Chefs müssen wissen, dass ihre Firma mit einer derartigen Verteilung in einer dynamischer und komplexer werdenden Arbeitswelt nicht bestehen wird. Schon durchschnittliche B-Mitarbeiter können keinen Kunden verblüffen. Und das reicht einfach nicht zum Überleben in einem umkämpften Markt.

80–20–0 als Erfolgsformel

Ziel eines Unternehmens muss die Verteilung 80–20–0 sein. Unternehmer und Geschäftsführer sagen dann oft: Das ist unmöglich. Doch erfolgreiche Firmen, besonders aus dem Silicon Valley, arbeiten schon längst nach dieser Formel oder haben sogar 90-10-0 erreicht. Das zeigt Prof. Dr. Jörg Knoblauch in seinem neuen Buch „Das Geheimnis der Champions“ an 30 Beispielen, darunter nord- amerikanische IT-Konzerne und Handwerker aus Schleswig-Holstein.

Denn die engagierten A-Mitarbeiter ziehen den Karren von Erfolg zu Erfolg. Sie sind die Ronaldos und Messis, die die Tore für ihr Unternehmen schießen. Dagegen gelten die C-Mitarbeiter in Deutschland als heißes Eisen. Es sei unmenschlich oder gar unfair, klar mit ihrer Minderleistung umzugehen. So schrieb der Unternehmensberater Reinhard Sprenger vor zwei Jahren, eine Quote für Minderleister sei dumm, weil imageschädigend für das Unternehmen, und außerdem bürokratisch, weil die Mitarbeiter gegeneinander kämpfen, um auf Kosten eines anderen ihren eigenen Hintern zu retten. Energie würde innen gebunden, statt auf Kundenwünsche gerichtet zu werden. Kurz: Angst regiere in derartigen Firmen. Die Kreativität sei blockiert.

C-Mitarbeiter zerstören das Betriebsklima

Das Gegenteil ist der Fall: Jeder zweite Unternehmer stellt fest, dass C-Mitarbeiter die Firma zerstören. Nicht nur, dass die auf dem Karren sitzen und sich von den A- und B-Mitarbeitern ziehen lassen. Sie verderben tatsächlich das Betriebsklima, weil sie einerseits viel motzen und andererseits die engagierten Mitarbeiter für diese Bremser mitarbeiten müssen. Das machen A-Mitarbeiter eine Weile mit, aber irgendwann sind sie frustriert, dass dieses Verhalten keine Konsequenzen hat, und verlassen schlussendlich das Unternehmen. Unternehmenswerte interessieren die Miesmacher nicht, Solidarität ist eine Einbahnstraße in ihre Richtung, Erwartungen von Vorgesetzten und Kollegen sind irrelevant. Der wahre C-Mitarbeiter scheitert, weil er sich oft überhaupt nicht bemüht. In Betrieben, die konsequent C-Mitarbeiter entlassen, regiert statt Angst mehr Arbeitsfreude, lautet deshalb im Gegensatz zu Sprenger die Praxiserfahrung von Unternehmern. Konsequenzen nicht wegschauen, wenn ein Mitarbeiter eine ruhige Kugel schiebt, sondern müssen sich intensiv mit ihm auseinandersetzen. Diese Klarheit und Transparenz fordert Prof. Dr. Jörg Knoblauch von Vorgesetzten: „Sagen Sie Ihren Mitarbeitern, wo sie stehen!

Der amerikanische Personalexperte Dave Ulrich hat bereits Ende des vergangenen Jahrhunderts gesagt, dass sich das Problem der C-Mitarbeiter beinahe von selbst löst, wenn Führungskräfte mit ihnen klare Personalgespräche führen. Dazu gehört, unverblümt und begründet auf Mängel und Misserfolge sowie die Diskrepanz zwischen Erwartung und erbrachter Leistung hinzuweisen. Ulrich sagt, dass 90 Prozent dieser Mitarbeiter von selbst gehen, weil sie sich dieser Transparenz nicht stellen wollen. Welcher Mensch hält schon sichtbaren Misserfolg auf Dauer aus? Chefs müssen klar sagen: „Wer nicht will, der gehört nicht in die Firma.“

Auch B-Mitarbeiter kann ein Chef durch eine attraktive Unternehmenskultur entwickeln, in der sie initiativ werden können. Wege sind: eine Kultur der offenen Kommunikation zu schaffen, Mitarbeiter an Entscheidungen zu beteiligen, zu loben, Leistungen anzuerkennen und ihnen zu vertrauen. Auch Freiraum, um sich persönlich zu entfalten, das Ausprobieren neuer Ideen, flexible Arbeitszeiten sowie Gewinn- und Kapitalbeteiligung sind notwendig, damit aus Mitläufern Aktivisten werden.

Studiobetreiber und ihre Mitarbeiter kennen das positive Gefühl, wenn alle mitziehen. Kunden werden gleich freudig begrüßt. Man kennt seine Pappenheimer, mit denen man erst einen kurzen Schnack halten sollte, und diejenigen, die schnell zum Training durchgehen. Es gibt auf der Trainingsfläche Hilfestellung, Beratung und Motivation, wo es notwendig scheint, es ist immer ein Mitarbeiter ansprechbar und natürlich wird auch geulkt. Diese positive Einstellung überträgt sich auf Studiokunden, die miteinander reden oder sich zumindest gegenseitig grüßen, weil sie sich seit einem halben Jahr immer wieder auf der Trainingsfläche über den Weg laufen. Eine angenehme Arbeitssituation für Mitarbeiter. Eine angenehme Trainingssituation für Kunden. Beide kommen gerne ins Studio – Letztere kommen besonders gerne, wenn der Arbeitstag mies und die innere Überwindung groß war, doch noch ins Studio zu gehen.

Verwenden Sie Leistungsbeurteilungsbogen, in denen zunächst die Mitarbeiter ihre Fachkenntnisse, ihre Einsatzbereitschaft, ihr Arbeitstempo und ihre Arbeitsqualität, ihre Selbstständigkeit oder ihren Kundenbezug einschätzen.

Über unterschiedliche Kriterien ergeben sich dann jeweils Noten von 1 bis 5. Dasselbe macht die Führungskraft. Eigen- und Fremdbild sind so Grundlage für eine intensive Diskussion über die Arbeitsergebnisse.

Für den weiteren Umgang miteinander ist das Wichtigste, ob ein Mitarbeiter nicht kann oder nicht will. Im ersten Fall muss der Mitarbeiter über Unterstützung und Fortbildungen eine Chance bekommen. Denn nicht allein die Mitarbeiter sind für ihre Leistung verantwortlich – die Geschäftsführung oder Abteilungsleitung hat sie eingestellt und auf einen bestimmten Platz gesetzt. Der C-Mitarbeiter bekommt so die Chance, zumindest B zu werden.

Im zweiten Fall – jemand will nicht – heißt es: Trennung ohne Umschweife.

Fazit

Wenn die A-Mitarbeiter doch so viel wichtiger sind, sollen Vorgesetzte wirklich alle Energie in die C-Mitarbeiter stecken? Zunächst: Das eine zu machen bedeutet nicht, das andere zu lassen. Aber vor allem wenn ein Chef sein Unternehmen mal aufgeräumt hat und konsequent auf einen systematischen Einstellungsprozess setzt, dann ist das Problem grundsätzlich gelöst.

Über den Autor:

schinko-klausDiplom-Volkswirt Klaus Schinko ist Senior-Consultant bei der Unternehmensberatung tempus GmbH, dessen Gründer und Inhaber Prof. Dr. Jörg Knoblauch sich seit mehreren Jahrzehnten als Experte und Buchautor mit der hier dargestellten ABC-Personalstrategie beschäftigt.

Klaus Schinko trägt die Impulse, Gedanken und Ideen von Prof. Dr. Jörg Knoblauch in die unternehmerische Praxis hinein und coacht in diesem Bereich Unternehmen aller Branchen. Er ist NLP-Master und Experte für emotionalen Verkauf, Führung und Service.

Weitere Infos über Klaus Schinko

 
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