12 Thesen zum Beratungs-, Trainings- und Coachingmarkt der Zukunft

12 Thesen zum Beratungs-, Trainings- und Coachingmarkt der Zukunft
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Die Covid-19-Pandemie hat den Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt nachhaltig verändert – auch weil in ihrem Gefolge viele Unternehmen erstmals eine qualifizierte Erfahrung mit digitalen Lern- und Kollaborationstools gesammelt haben. 12 Thesen, wie sich dieser Markt im Umbruch entwickeln wird.

These 1: Durch die Covid-19-Pandemie wurde endgültig klar: Die Digitalisierung macht vor der Personalentwicklung bzw. Personalarbeit nicht halt. Das heißt, die firmeninternen Personalentwickler sowie Trainings- und Beratungsanbieter müssen sich künftig verstärkt fragen, ob und wie sie einen Teil ihre Leistungen digitalisieren können und eine diesbezügliche Kompetenz aufbauen. Sei es, indem

  • sie sich weiterbilden oder
  • in ihr Team verstärkt Mitarbeiter integrieren, die über die erforderliche Digitalkompetenz verfügen, um digitale Lernkonzepte zu planen und zu realisieren.

These 2: Im Gefolge der Pandemie stieg nicht nur die Akzeptanz von Online-Meetings, sondern auch Online-Trainings, -Coachings und -Beratungen stark. Deshalb werden künftig die Kunden der Personalentwickler sowie Berater, Trainer usw. vermehrt fragen:

  • Können wir die Trainings und Beratungen auch online durchführen?
  • Ist bei unseren Mitarbeiterqualifizierungsmaßnahmen auch ein E-Learning bzw. ein hybrides Lernen, also eine Verknüpfung von Online-Lernen und Lernen in Präsenzveranstaltungen, möglich?

Das heißt, die Erwartungshaltung ihrer Kunden bzw. deren Wünsche haben sich verändert.

These 3: Im zurückliegenden Jahr wurde vielen Klienten bewusst, dass ein Online-Beraten, -Trainieren und -Coachen auch Vorzüge hat. So rechnen sich online oft auch kürzere Trainings- und Beratungssessions von zum Beispiel einer Stunde, die sich als Präsenz-Veranstaltungen betriebswirtschaftlich nicht rechtfertigen ließen – auch aufgrund der langen Anfahr- und Abfahrzeiten der Trainer oder Berater bzw. Teilnehmer. Außerdem lassen sich Online-Trainings- und -Beratungen meist auch kurzfristiger realisieren; also dann wenn gerade ein akuter Bedarf besteht. Zudem lässt sich das Online-Lernen oft leichter in den Arbeitsalltag der Mitarbeiter integrieren – zum Beispiel

  • solcher, die in ihren Unternehmen bereits herausfordernde Jobs haben, oder
  • solcher, bei denen ein längeres Fehlen das Tagesgeschäft lahm liegt.

These 4: In den vergangenen Monaten wurde vielen Usern bewusst: Das alte Credo, über digitale Lernmedien lassen sich nur kognitive Lerninhalte vermitteln, stimmt nicht mehr. Unter anderem, weil sie registrierten, dass man zum Beispiel Zoom-Sessions viel interaktiver als gedacht gestalten kann und man in ihnen deutlich mehr vom Gegenüber wahrnimmt als angenommen. Hinzu kommt: Je länger die corona-bedingten Social-Distancing-Beschränkungen gelten umso mehr steigt die allgemeine Akzeptanz des Online-Lernens. Zudem lernen die Bildungs- und Beratungsanbieter zunehmend, Qualifizierungs- und Beratungsprozesse so zu gestalten, dass man in ihnen auch nicht-kognitive Inhalte bearbeiten kann.

These 5: Künftig werden die Trainingsanbieter usw. schärfer begründen müssen, warum gewisse Trainings, Beratungen usw. als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden sollten. Und in der Praxis werden sich speziell, wenn es um komplexe Personal- und Organisationsentwicklungsthemen geht, verstärkt Blended-Learning-Konzepte bzw. hybride Qualifizierungskonzepte durchsetzen, die das Lernen in Präsenz-Veranstaltungen mit einem Online-Lernen verknüpfen – spätestens dann, wenn die corona-bedingten Abstands- und Hygienevorschriften nicht mehr gelten.

These 6: Ohne eine valide Digitalkompetenz werden mittelfristig Personalentwickler sowie Trainer ihren Job bzw. ihr Business nicht mehr ausüben können. Das heißt nicht, dass sie ein Informatik-Studium absolvieren müssen. Sie müssen aber so viel IT-Know-how haben, dass sie qualifiziert beurteilen können, welche Lern- und Beratungsarchitekturen sich mit der modernen Informations- und Kommunikationstechnik schmieden lassen und für welche Ziele diese eingesetzt werden können. Zudem benötigen sie eine fundierte praktische Erfahrung im Umgang mit elektronischen Lernplattformen sowie solchen Tools wie Teams, Zoom und Facetime. Sonst werden sie von den Spezialisten in den Fachabteilungen – speziell im IT-Bereich – nicht ernst genommen.

These 7: Die Personalentwicklungsbereiche werden verstärkt mit den IT-Bereichen der Unternehmen kooperieren müssen. Da sie meist selbst keine IT-Experten sind, sind die HR-Bereiche künftig beim Realisieren zeitgemäßer Lern- bzw. Trainingslandschaften auf die Unterstützung der internen (bzw. von externen) IT-Spezialisten angewiesen – zumindest wenn ihre „Problemlösungen“ mit der bestehenden IT-Landschaft in ihrem Unternehmen kompatibel sein sollen. Das heißt, sie müssen auch deren Sprache sprechen sowie deren technische (statt primär pädagogische bzw. psychologische) Denke verstehen.

These 8: Der Trainings- und Beratungsmarkt sowie der Markt für Lerntechnologie ist ein Markt im Umbruch. In den nächsten Jahren werden viele etablierte Trainings- und Beratungsbieter vom Markt verschwinden – sei es,

  • weil es ihnen nicht gelingt, ihre Produkt- bzw. Leistungspalette so zu transformieren, dass diese den veränderten Kundenwünschen entspricht oder
  • weil ihnen ihre (Ziel-)Kunden aufgrund ihrer Historie oder ihres Alters nicht die Kompetenz zuschreiben, auch innovative Online-Lern- und Beratungskonzepte oder hybride Lern- und Beratungskonzepte zu realisieren.

An ihre Stelle werden nicht selten neue Anbieter treten, deren Wurzeln eigentlich im IT-Bereich liegen und die sich das erforderliche inhaltliche sowie pädagogische und psychologische Know-how zum Entwickeln ihrer Produkte bzw. Leistungen zukaufen.

These 9: Im Markt werden sich Firmen etablieren, die auf das Entwickeln von Learning-Nuggets spezialisiert sind, und Plattformen, die solche Lernbausteine vermarkten. Die firmeninternen Programmentwickler werden aus Zeit- und Kostengründen beim Entwickeln ihrer Qualifizierungsprogramme zunehmend auf solche vorgefertigten digitalen Lernbausteine zurückgreifen und diese in ihre Programme integrieren. Neben dieser „Konfektionsware“, die gegen Aufpreis auch „costumized“ wird, wird es jedoch weiterhin einen Markt für maßgeschneiderte Qualifizierungsprogramme sowie Lernbausteine geben.

These 10: Dem Online-Coaching gehört die Zukunft. Das Coaching-Business wird zumindest im B2B-Bereich mittel- und langfristig aus Zeit- und Kostengründen ein weitgehend virtuelles sein. Im Markt werden sich verstärkt Blended-Coaching- bzw. hybride Coaching-Konzepte etablieren, bei denen die Präsenzcoachings primär dem Beziehungsaufbau dienen; ansonsten erfolgt das Coachen weitgehend online oder per Telefon. Etwas anders wird es vermutlich im B2C-Bereich sein. Auch hier werden sich zwar im gesamten deutschsprachigen Raum tätige, reine Online-Coaching-Anbieter etablieren. Zudem werden die auf das Privatkunden-Geschäft spezialisierten Coaches verstärkt die Konkurrenz von Coaching-Apps spüren. Wenn es jedoch um das Bearbeiten akuter persönlicher Probleme geht, werden die meisten potenziellen Kunden weiterhin den persönlichen Kontakt zu einem Coach in ihrem lokalen oder regionalen Umfeld suchen.

These 11: In naher Zukunft werden noch viele neue Tools und Problemlösungen zum Digitalisieren von Lern- und Beratungsprozessen auf den Markt kommen. In den zurückliegenden Corona-Monaten haben viele „Investoren“ gemerkt, welch riesiges Marktpotenzial in der Digitalisierung von Dienstleistungen steckt. Entsprechend viele etablierte Unternehmen und Start-ups tüfteln zurzeit an neuen Problemlösungen in diesem Bereich – wobei noch unklar ist, welche Rolle hierbei mittel- und langfristig das Thema „künstliche Intelligenz“ spielt. In entsprechend viele neue Tools zum Digitalisieren von Qualifizierungs- und Beratungsprozessen werden sich speziell im B2B-Bereich tätige Trainer, Berater und Coaches künftig einarbeiten müssen, um „up-to-date“ zu sein. Das wird insbesondere den Solo-Unternehmern unter ihnen zunehmend Probleme bereiten.

These 12: Der Online-Trainings-, -Beratungs- und -Coachingmarkt ist ein (Wachstums-)Markt im Entstehen. Von einem entsprechenden Wildwuchs ist er zurzeit geprägt – auch weil die meisten Anbieter und Nachfrager in ihm noch nicht auf eine jahre- bzw. jahrzehntelange Erfahrung mit dem Online-Lernen und -Beraten zurückblicken. Deshalb haben sich in ihm bisher noch kaum Qualitätsmaßstäbe sowie keine Preisniveaus etabliert. Diese werden sich aber ebenso wie im klassischen Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt zunehmend entwickeln, sobald dieser „neue Markt“ einen höheren Reifegrad erreicht.

Generell gilt jedoch: Der Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt ist ein Wachstumsmarkt, da sich in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt, die Herausforderungen, vor denen die Unternehmen stehen, und somit auch die Anforderungen an ihre Mitarbeiter immer rascher wandeln. Zudem müssen wir als Privatpersonen unsere Lebenskonzepte sowie Denk- und Verhaltensmuster immer häufiger den veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Entsprechend steigt sowohl der organisationale, als auch personale Lern- und Beratungsbedarf. Deshalb werden in dem Trainings-, Beratungs- und Coachingmarkt auch künftig viele Personen und Organisationen gutes Geld verdienen – sofern sie ihr Leistungsportfolio den veränderten Marktstrukturen und Kundenwünschen anpassen.

Buchtipp: „Training und Seminare im digitalen Wandel: …“

Autorin: Sabine Prohaska

 
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