Das Servicegeschäft auf- und ausbauen

Das Servicegeschäft auf- und ausbauen
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Mit Serviceleistungen kann man gutes Geld verdienen. Das haben viele Hersteller von Investitions- und Industriegütern erkannt. Deshalb forcieren sie ihr Servicegeschäft.

Viele produzierende Unternehmen erbringen traditionell zahlreiche Serviceleistungen für ihre Kunden – und zwar kostenlos. Das heißt,

  • diese Leistungen tauchen zumindest als Kostenfaktor in keiner Rechnung auf und
  • hieran sind sowohl die Unternehmen als auch ihre Kunden gewöhnt.

Seit einigen Jahren findet diesbezüglich bei vielen Herstellern von Industriegütern jedoch ein Umdenken statt – unter anderem, weil

  • die Gewinnmargen bei ihren technischen Gütern sinken,
  • die Serviceerwartungen ihrer Kunden steigen und
  • der Service viele Ressourcen bindet.

Deshalb verdichtete sich bei vielen Unternehmensleitungen der Wunsch, künftig auch mit dem Service Geld zu verdienen – zumal der Erfolg vieler Industriedienstleister speziell im IT-Bereich beweist: Mit Serviceleistungen lassen sich hohe Gewinnmargen erzielen.

Erfolg erfordert ein strukturiertes Vorgehen

Ist eine entsprechende Grundsatzentscheidung getroffen, dann definieren die Unternehmensleitungen oft rasch Umsatz- und Ertragsziele – nicht selten, ohne das vorab geklärt wurde:

  • Wie arbeiten der Produktvertrieb (bzw. Vertrieb Neuanlagen) und der Servicevertrieb künftig zusammen?
  • Welche Servicepakete offerieren wir unseren Kunden mit welchen Nutzen-Argumenten?
  • Wie werden die (bisher kostenlosen) Service-Leistungen bepreist?
  • Wie werden die Kunden hierüber informiert? Und:
  • Welche Ressourcen stehen den Servicebereichen für die Zielerreichung zur Verfügung?

Die Folge: Die Verantwortlichen in den Servicebereichen sehen sich mit einem Berg von Aufgaben konfrontiert, ohne zu wissen:

  • Wann sollen wir diese abarbeiten?
  • Womit fangen wir am besten an? Und:
  • Wie hängen diese Themen zusammen?

Welchen Service bieten wir wem an?

„Was sind die richtigen Serviceprodukte in der richtigen Kombination für die richtigen Kunden?“ Das ist die zentrale Frage beim Bewältigen des vorgenannten Aufgabenpakets. Die Antwort erfordert eine umfassende Kundenkenntnis, denn sie ermöglicht es erst

  • die richtigen Serviceprodukte zu definieren und die
  • verschiedenen Servicefaktoren exakt zu bewerten.

Serviceleistungen, für die Kunden bereit sind zu bezahlen, berücksichtigen mindestens folgende vier Faktoren:

  1. Nutzen: Nur wenn ein Service einem Kunden einen realen Mehrwert bietet, ist er bereit, diesen zu kaufen. Um den potenziellen Nutzen möglicher Services fundiert zu bewerten, ist es nötig, den Wertschöpfungsprozess der Zielkunden zu durchleuchten. Hierbei gilt es auch, das Zusammenspiel von Produktvertrieb und Service zu beachten, damit der Kunde als Ganzes betrachtet wird.
  2. Innovation: Eine „Service-Innovation“ muss keine technische „High-end-Lösung“ sein. Es kann sich bei ihr auch um eine Prozessinnovation oder ein innovatives Leistungspaket handeln – zum Beispiel ein Leistungspaket bestehend aus Finanzierung, Beratungsleistungen, einem Top-Service und einer Entwicklungszusammenarbeit.
  3. Emotion: Oft geben im Vertriebsalltag nicht rationale (also zum Beispiel technische oder betriebswirtschaftliche) Erwägungen, sondern emotionale Motive den Ausschlag für eine positive Kaufentscheidung, denn: Serviceleistungen werden auch im digitalen Zeitalter noch häufig von Menschen für Menschen erbracht. Und diese kaufen sie gerne, wenn sie bei ihnen positive Gefühle wecken – zum Beispiel, weil sie ihnen die Arbeit erleichtern oder ihr Sicherheitsgefühl erhöhen.
  4. Qualität: Einen Reparaturauftrag binnen 24 Stunden zu erledigen, weil man zufällig gerade in der Gegend ist, macht noch keinen exzellenten Service aus. Nur wenn eine Serviceleistung kontinuierlich zuverlässig in einer hohen Qualität erbracht wird, löst sie bei Kunden Begeisterung aus.

Eine so strukturierte Untersuchung, um „die richtigen Serviceprodukte in der richtigen Kombination“ zu finden, hat folgende positiven Effekte: Sie zeigt,

  • was dem Kunden wichtig oder unwichtig ist,
  • welches „Serviceprodukt“ eine hohe oder niedrige Zahlungsbereitschaft erzeugt und
  • welche Leistungen das Unternehmen real vom Wettbewerb differenzieren und welche noch besser werden sollten.

Der Untersuchungsprozess startet üblicherweise mit der internen Betrachtung und Konzeption – unter Beteiligung aller Fachabteilungen. Liegt ein entscheidungsfähiges Konzept vor, werden ausgewählte Kunden hinsichtlich der wichtigen Details befragt. Danach folgt ein iterativer Prozess zur Verfeinerung des Konzepts.

Was ist den Kunden der Service wert?

Hierzu zählt auch, mit den Zielkunden über deren Zahlungsbereitschaft zu sprechen. Denn was nützt das beste Serviceangebot, wenn der Kunde dieses nicht bezahlen möchten? Der Kundenbefragung ist eine interne Kostenkalkulation vorgeschaltet.

Die reine Kostenkalkulation ist die Basis für weitere Zuschläge – zum Beispiel aufgrund des Innovationgrads oder der garantierten Qualität. Ein Betrachten der Wettbewerber-Preise gehört ebenfalls dazu. Dabei ist eine Vergleichbarkeit aufgrund der unterschiedlichen Kombination von Serviceleistungen, Vertragssituationen usw. jedoch meist nur eingeschränkt gegeben. Das dritte Kalkulationselement ist der Kundennutzen – meist der wichtigste Faktor. Denn der „Profit“, den der Kunde aus der Leistung zieht, entscheidet letztlich meist darüber, welchen Preis er bereit ist, für den Service zu zahlen.

Drei Empfehlungen aus der Praxis

Die Praxis zeigt, wenn Unternehmen künftig mit ihrem Service (mehr) Geld verdienen möchten, sollten sie beim Umsetzen ihres Vorhabens folgende drei Faktoren beachten:

  1. Um die notwendige interne Akzeptanz für den künftig bepreisten Service zu schaffen, ist Rückendeckung seitens der Unternehmensführung nötig. Das heißt auch: Manchmal muss diese einen Pflock einschlagen, der die Notwendigkeit der Veränderung dokumentiert.
  2. Der Vertrieb Produkte/Neuanlagen und der Servicebereich kooperieren besser, wenn beide Seiten zum Beispiel aufgrund gemeinsamer Qualifizierungsmaßnahmen verinnerlicht haben: Der Kunde mit all seinen Bedürfnissen muss im Zentrum unserer gemeinsamen Erwägungen und unseres Handelns stehen. Denn nur dann können wir mit ihm profitable Geschäfte machen.
  3. Das Unternehmen sollte seine Kunden frühzeitig und immer wieder in den Prozess des Findens der „richtigen Serviceprodukte/-pakete“ einbinden – denn auch deren Bedürfnisse im Servicebereich wandeln sich. Außerdem weiß letztlich nur der Kunde, wofür er bereit wäre, Geld zu bezahlen, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind. Zudem erzeugen Unternehmen durch das Einbinden der Kunden in ihre „Produkteentwicklung“, bei diesen das nötige Interesse und Vertrauen für den anschließenden Verkauf der Serviceleistungen.

Zum Autor:

PleyerHartmut Pleyer arbeitet als Management- und Vertriebsberater für die B2B-Vertriebsberatung Peter Schreiber & Partner (PS&P), Ilsfeld bei Heilbronn. Der Diplom-Ingenieur Elektrotechnik war vor seiner Beratertätigkeit zuletzt als Geschäftsführer Service eines namhaften deutschen Herstellers von Automatisierungs- und Antriebslösungen tätig.

 
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