
Die moderne Arbeitswelt wird immer häufiger mit dem Begriff „lebenslanges Lernen“ in Verbindung gesetzt. Tatsächlich kann eine ständige Weiterentwicklung den eigenen Arbeitsplatz sichern und bei der Karriere helfen. Qualifizierungsmaßnahmen muss man nicht immer aus eigener Tasche zahlen. Wir zeigen, welche Unterstützungsmöglichkeiten es durch den Arbeitgeber gibt.
Kein gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung
Sind ihre Mitarbeiter im Beruf immer auf dem neuesten Stand, bringt dies viele Vorteile für Arbeitgeber. Dementsprechend groß ist die Unterstützungsbereitschaft bei den Chefs. Eine Verpflichtung, ihre Mitarbeiter weiterzubilden oder ein solches Vorhaben finanziell zu unterstützen, haben Arbeitgeber allerdings nicht. Es existiert in Deutschland kein Gesetz, das eine finanzielle Beteiligung vorsieht – mit einer Ausnahme: Schreibt der Arbeitgeber die Fort- oder Weiterbildung vor, muss er auch die Kosten für diese übernehmen. Geht die Initiative vom Arbeitnehmer aus, ist das Unternehmen weder zur Übernahme der Weiterbildungskosten noch dazu verpflichtet, den Mitarbeiter freizustellen.
Da eine Weiterbildung jedoch auch für den Arbeitgeber ein großes Potenzial bietet, sind viele Unternehmer dazu bereit, ihre Mitarbeiter zu unterstützen. Eine Möglichkeit sind Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge oder Arbeitsverträge, in denen eine entsprechende Klausel festgehalten wird. Auch individuelle Absprachen wie beispielsweise die Gewährung eines Darlehens, reduzierte Arbeitszeiten sowie eine teilweise oder komplette Bezahlung der Qualifizierungsmaßnahme stehen zur Debatte. Es kann also durchaus sinnvoll sein, bei einem Weiterbildungs-Wunsch das Gespräch mit dem Chef zu suchen. Bleibt dieses Vorhaben erfolglos, können staatliche Förderinstrumente in Betracht gezogen werden. Der so genannte Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) etwa wird vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit ausgestellt und soll dabei helfen, die Aussichten auf einen Job zu verbessern. Ein Coaching oder eine Weiterbildung mit Vermittlungsgutschein eignet sich zum Beispiel zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Außerdem kann der AVGS für einen privaten Arbeitsvermittler verwendet werden.
Was hat es mit dem Bildungsurlaub auf sich?
Auch wenn die Unterstützung bei einem Weiterbildungsvorhaben gesetzlich nicht verankert ist, können sich Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber unterstützen lassen. Möglich wird dies durch den Bildungsurlaub. Diesen gibt es in 14 von 16 Bundesländern. Einzig in Sachsen und Bayern haben Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die bezahlte Freistellung.
Der auch als Bildungszeit oder Bildungsfreistellung bezeichnete Bildungsurlaub soll Arbeitnehmern die Option geben, für eine Weiterbildung bezahlten Urlaub zu nehmen. Dieser kann zusätzlich zum regulären Urlaub genommen werden. Wie lange die Freistellung sein kann, ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. Üblich sind entweder Regelungen pro Kalenderjahr oder pro zwei Kalenderjahre. Es kann sich also durchaus lohnen, nähere Informationen zum Bildungsurlaub einzuholen.
Diese Chancen bietet das Qualifizierungschancengesetz
Seit 2019 werden Beschäftigte stärker in der Weiterbildungsförderung berücksichtigt. Dank Qualifizierungschancengesetz ist eine Weiterbildungsförderung unabhängig von Qualifikation, Alter und Betriebsgröße möglich. Konzipiert wurde diese Fördermaßnahme hauptsächlich für Arbeitnehmer, die von Digitalisierung, Strukturwandel und Transformation betroffen sind.
Fester Bestandteil der Qualifizierungsoffensive ist nicht nur eine individuelle Beratung. Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter bei der Weiterbildung unterstützen, können staatliche Zulagen beantragen. Das betrifft sowohl die Lehrgangskosten als auch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Wie hoch die Bezuschussung ist, hängt von der Unternehmensgröße ab. Am größten sind die Zuschüsse bei Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Hier ist eine Übernahme der Lehrgangskosten von 50 % bis 100 % möglich. Außerdem werden Zuschüsse in Höhe von bis zu 75 % des Arbeitsentgelts während der Maßnahme geleistet. Bei Mitarbeitern mit fehlendem Berufsabschluss bzw. ab 45 Jahren und bei schwerbehinderten Menschen liegt die Förderung sogar bei jeweils 100 %.
Individuelle Absprachen mit dem Arbeitgeber
Oftmals haben Arbeitgeber ein Interesse daran, den Weiterbildungs-Wunsch ihrer Mitarbeiter zu unterstützen. Immerhin profitiert das gesamte Unternehmen wenn das Personal gut ausgebildet ist. Deswegen lassen sich in der Berufswelt häufig individuell mit dem Chef getroffene Absprachen finden. Man sollte sich jedoch darüber bewusst sein, dass die meisten Unternehmer hierfür eine Gegenleistung verlangen.
Häufig wird eine Vertragsbindung vereinbart. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum keine ordentliche Kündigung einreichen kann. Er bindet sich also einige Zeit an das Unternehmen, so dass dieses vom durch seine Weiterbildung gewonnenen Know-how profitieren kann. Als Voraussetzung gilt, dass die Weiterbildungsmaßnahme bezahlt wird. Darüber hinaus muss auch eine Freistellung der Arbeitstätigkeit erfolgt sein. Rechtskräftig wird eine Vertragsbindung, wenn ein angemessenes Verhältnis zwischen Bindung und Weiterbildungsdauer besteht. Bei einer zweimonatigen Freistellung zur Fortbildung ist maximal ein Jahr Vertragsbindung angemessen. Für eine zusätzliche Absicherung des Arbeitgebers sorgt eine Rückzahlungsklausel. Kündigt der Arbeitnehmer während oder unmittelbar nach der Maßnahme oder bricht die Fortbildung frühzeitig ab, muss er seinem Chef die Kosten erstatten. Allerdings setzt dies voraus, dass die Weiterbildung einen Vorteil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit sich gebracht hat. Bei einer rein betriebsspezifischen Weiterbildung sieht es anders aus.
Die vollständige Kostenübernahme für Weiterbildungen und Fortbildungen ist nicht für jeden Arbeitgeber möglich. Es kann daher durchaus sein, dass der Chef einen auf andere Art unterstützt. Eine Option wäre die Freistellung von der Arbeit. Alternativen sind die Übernahme von Fahrt- oder Hotelkosten, Tankgutscheine als Sachzuwendungen oder ein Firmenwagen, mit dem man zum Weiterbildungsort fahren kann.
Weiterbildung mit dem Arbeitgeberdarlehen finanzieren
Das Arbeitgeberdarlehen ist unter Arbeitnehmern zwar nicht weit verbreitet, kann aber eine gute Finanzierungsmöglichkeit für die Weiterbildung darstellen. In diesem Fall vergibt der Arbeitgeber einen Kredit an seinen Mitarbeiter. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Der Darlehensvertrag stellt einen geldwerten Vorteil für Arbeitnehmer dar. Mit dem Geld kann man beispielsweise eine Fort- oder Weiterbildung finanzieren. Üblich ist, dass die vereinbarten Tilgungsraten vom zukünftigen Lohn oder Gehalt einbehalten werden.
Was tun wenn der Arbeitgeber stur bleibt?
Bevor man die richtige Weiterbildung finden kann, sollte man wissen, wie es mit der Finanzierung aussieht. Der Arbeitgeber spielt dabei eine wesentliche Rolle, ist er doch derjenige, der neben dem Arbeitnehmer am meisten von zusätzlichem Know-how seiner Mitarbeiter profitiert. Weil es sich immer um eine freiwillige Vereinbarung handelt, ist Verhandlungsgeschick gefragt.
Für das Gespräch mit dem Chef sollten folgende Dinge beachtet werden:
- Das Timing entscheidet – den Arbeitgeber am besten so früh wie möglich ins Boot holen.
- Ein guter Zeitpunkt für ein Gespräch ist Ende des Jahres, wenn die Budgetplanung für das kommende Jahr abgeschlossen ist.
- In jedem Fall einen Gesprächstermin vereinbaren. Dann kann der Chef genügend Zeit für das Gespräch einplanen.
- Im Gespräch immer erwähnen, welchen Nutzen die Weiterbildung für das Unternehmen hat. Am besten legt man sich mehrere entwaffnende Argumente zurecht.
Bleiben alle Versuche erfolglos, empfiehlt es sich, nach weiteren Fördermöglichkeiten Ausschau zu halten. Genauere Informationen bietet die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter.
Autor: Redaktion