Servicekultur wahr.nehmen – von der Hülle zur Fülle

Kundenorientierung
Lesedauer: 2 Minuten

Die meisten Kundenorientierungskonzepte bringen nicht, was sie eigentlich bringen sollten: Verbundenheit der Kunden, Differenzierung gegenüber dem Mitbewerb und damit nachhaltige Ertragssteigerung für die Anbieter. Alle reden von Servicekultur und die Kunden merken wenig Unterschied. Erfahren Sie hier, wie Sie die Geldvernichtung durch missverstandene Kundenorientierung verhindern

Kunden merken nichts von Kundenorientierung

Im Dezember 2012 wurde eine Studie des Zentrums für Zukunftsstudien (wissenschaftliche Leitung Univ.Prof. Dr. Reinhold Popp) der FH Salzburg veröffentlicht, nach der mehr als die Hälfte der Kunden sich nicht als „König“ behandelt fühlt. Alle Investitionen in so genannte Kundenorientierungsmaßnahmen sind wohl verpufft. Kunden merken wenig davon. Die Regale sind voll, aber sonst ist es kalt geworden für Kunden. Kundenorientierung wurde auf Preiskampf und Rabattschlacht reduziert.

Eindimensionale Kundenorientierung

In der gelebten Praxis reduzieren sich Investitionen in Kundenorientierungsmaßnahmen meist auf materielle Komponenten, und da meist auf den Preis: Rabatte, Treueboni, Drauf- und Dreingaben, Zahlungsziele etc. Sinkende Gewinnmargen sind eine Folge der Investitionen in diese Art von Kampagnen. Solche Investitionen sind sehr teuer, weil sie vom Mitbewerb leicht kopiert werden können. Sie bringen keinen schwer aufholbaren Wettbewerbsvorsprung. Erfahrungsgemäß ist der Preis das am leichtesten kopierbare Differenzierungskriterium im Wettbewerb. Wir haben uns daran gewöhnt, ins Falsche zu investieren. Darum herrscht ein gnadenloser Preiskampf.

Unterschied zwischen falschen und sinnvollen Investitionen

Eine Investition in das „leicht Kopierbare” ist eine „falsche“ Investition. Sie bedeutet tatsächliche Geldvernichtung. Sinnvoll sind Investitionen in Kundenorientierungsmaßnahmen, die vom Mitbewerb schwer zu kopieren sind. Der schwerst kopierbare Wettbewerbsvorsprung sind die Menschen und die Erlebnisse, die sie Kunden bieten. Die machen den Unterschied, der den Unterschied macht und für den der Großteil der Kundschaft auch gerne zahlt.

Kundenorientierung braucht Stolz und Würde

Kundenorientierung wahr.nehmen bedeutet daher auch und vor allem Investitionen in Mitarbeiter. Nicht nur in deren Fähigkeiten, fachlich geschult Waren zu billigsten Preisen zu Verfügung zu stellen. Damit haben Führungskräfte und Trainer die Menschen in der Vergangenheit genug malträtiert. Es bedeutet Investitionen, die dazu führen, dass Mitarbeiter wieder Freude daran haben, was sie in ihrer Aufgabe und Position weiterbringen können. Und stolz darauf sind, bei ihrem Unternehmen zu arbeiten und dort einen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens zu leisten. Wir haben zu wenige Mitarbeiter, die stolz auf ihr Unternehmen sind. Als „Stätte des Broterwerbs” reicht es gerade noch, manchmal nicht einmal mehr das. Aber Begeisterung, Freude, Engagement …? Wenn diese Treiber fehlen, wo soll da die gelebte Kundenorientierung herkommen?

Servicekultur muss weiter gedacht werden. Es ist an der Zeit, Kundenorientierung 3-fach „wahr zu nehmen“:

  1. ernst meinen, nicht nur als Lippenbekenntnis behaupten
  2. mit allen Sinnen, mit gesteigerter Wahrnehmungsfähigkeit sinnlich erfassen
  3. konsequent umsetzen, mit Freude und Begeisterung tun.

Lippenbekenntnis Kundenorientierung – Lügen haben kurze Beine

Bei den meisten Kundenorientierungsmaßnahmen steht nicht der Kundennutzen im Vordergrund, sondern der Unternehmensnutzen: Prozessvereinfachungen, Kostensenkungen, Informationsbeschaffung…. das sind häufig die wirklichen Absichten hinter so genannten „Kundenorientierungsmaßnahmen”. Der Kunde kommt da meist erst an zweiter Stelle. Um nachhaltigen Erfolg zu haben, braucht es zu allererst die klare unternehmerische Entscheidung für ein anderes Paradigma: Das Erleben des Kunden als handlungsleitendes Ziel, mit Profit als Folge an Stelle von Kostenoptimierung und Profitmaximierung als oberstes Ziel, mit Kunden als Mittel zum Zweck.

Kundenorientierung sinnlich erfassen – Ich seh‘, ich seh‘ was Du nicht siehst …

Wer das ernst nimmt, muss sich mit dem Leben und Erleben der Kunden beschäftigen, mit ihrer Situation, der Art des Kontakts zwischen Kunden und Unternehmen und der wichtigsten Einflussgröße auf dieses Erleben: den eigenen Mitarbeitern und ihrer Grundhaltung. Diese Haltung entwickeln und pflegen die Mitarbeiter nur dann, wenn sie einen Sinn in dem erkennen, was sie tun. Diesen Sinn sehen sie nur, wenn ihnen klar wird, wie wichtig ihr persönlicher Beitrag für das Erleben der Kunden ist. Das erfordert Erfühlen und Spüren, was sie mit dem eigenen Tun beim Kunden bewirken wollen und können.

Lesen Sie im 2. Teil, wie Kundenorientierung sinnvoll umgesetzt werden kann.

 
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Gerhard J. Vater
Gerhard J. Vater ist Managementtrainer, Coach und Vortragender. Als Wirtssohn hat er früh gelernt, seine Wahrnehmungsfähigkeit für Kunden zu schärfen und mit Freude ehrliches Interesse am Kunden zu vermitteln. Er ist Mitglied im Vorstand des österreichischen Chapters der „German Speakers Association“ (GSA). Als Autor publiziert er regelmäßig in Fachmedien.

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