Der begrenzende Faktor für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens ist Management-Aufmerksamkeit. Ein großer Teil davon kommt nicht an den wirklich entscheidenden Stellen an, sondern wird am falschen Ort verschwendet. Gegen chronisches Feuerlöschen hilft ein Entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Management-Aufmerksamkeit wird aufgrund verschiedenster Gegebenheiten in Anspruch genommen und oft fehlgeleitet. Die Bandbreite der Verschwendung reicht von strategischen Fehlentscheidungen bezüglich Outsourcings, Investitionen oder Produktmix bis zum schädlichen Multitasking. Sobald Führungskräfte damit beginnen, starten sie einen sich immer schneller drehenden Teufelskreis. Häufig wird Management-Aufmerksamkeit auch falsch gebunden durch Ziele und Kennzahlen für Subsysteme, die nicht in Übereinstimmung mit den Zielen des Unternehmens sind, und dadurch zu Handlungen führen, die dem Unternehmen schaden. Auch chronische Konflikte, die aus den Fehlentscheidungen, den Zielen der Subsysteme und dem Multitasking im Management resultieren zählen dazu. Dadurch entstehen mehr und mehr Aufgaben, Projekte und Initiativen mit faulen Kompromissen, die den Teufelskreis weiter anfeuern sowie Motivation und Zusammenarbeit zerstören. Der größte und zentrale Konflikt besteht oft darin, dass Kompromisse hinsichtlich der Leistung für die Kunden gemacht werden. Das Unternehmen bietet Leistungen, die nicht die entscheidenden Kundenbedürfnisse befriedigen, so dass es sich in einem roten Ozean befindet, in dem es mit dem Wettbewerb kämpft. Hauptsächlich geschieht dies unter Nutzung von Methoden, durch die sich die Marktteilnehmer gegenseitig verletzen – insbesondere beim Preis. Solange das Unternehmen im roten Ozean schwimmt, sind Kostensenkungsmaßnahmen erforderlich, um an den unter Preisdruck befindlichen Produkten überhaupt noch etwas zu verdienen. Keine gute Ausgangsbasis für erfolgreiche Geschäfte – weder heute noch in Zukunft. Wie aber können Unternehmen dieser Situation entkommen?
Vom roten in den blauen Ozean
Das Unternehmen braucht einen Entscheidenden Wettbewerbsvorteil (EWV), das heißt: es muss herausfinden, was es verändern kann, damit es in der Lage ist, ein entscheidendes Kundenbedürfnis wirklich besser zu befriedigen, als es jeder bedeutende Wettbewerber kann und will und daher macht. Der Entscheidende Wettbewerbsvorteil bietet dem Unternehmen die Stabilität und die starke Position, die es braucht. Dazu müssen sowohl der Kernkonflikt als auch die vielen Detailkonflikte gelöst und das Multitasking reduziert werden. Das wiederum setzt erhebliche Management-Aufmerksamkeit frei und steigert die Motivation und Zusammenarbeit der Mitarbeiter. Einen blauen Ozean zu haben ist keine Kür, sondern eine Notwendigkeit, um Vorstehendes zu erreichen. Solange sich das Unternehmen noch nicht in diesem blauen Ozean befindet, muss die volle (Top-)Management-Aufmerksamkeit darauf ausgerichtet sein, ihn zu identifizieren. Erst daran anschließend lassen sich wirksame Maßnahmen planen und durchführen. Sie sind erforderlich, um
- die operationalen Fähigkeiten für den EWV aufzubauen
- die Fähigkeit zu erlangen, aus dem EWV lukratives Geschäft zu generieren
- ein System aufzubauen, das die operationalen Fähigkeiten auch bei stark ansteigendem Auftragseingang aufrechterhält, z. B. mit dem richtigen Puffermanagement.
Steter Fokus auf den Engpass
Gleichzeitig müssen alle anderen Initiativen, die Management-Aufmerksamkeit erfordern, zurückgestellt bzw. gestrichen werden. Das Unternehmen kann sich diesen „radikalen“ Weg leisten, weil so die vorstehenden Schritte sehr schnell abgeschlossen werden. Auch nach der Implementierung wird jede neue Initiative sehr viel schneller abgeschlossen, als es zuvor jemals der Fall war – und damit auch insgesamt schneller, als würde man so weiter machen wie bisher. Um dieses Resultat zu erzielen muss aber unbedingt vermieden werden, dass Maßnahmen durchgeführt werden, die nicht sofort zu einer signifikanten Durchsatzsteigerung – verbunden mit deutlicher Reduktion der Verschwendung von Management-Aufmerksamkeit – führen. Auch dürfen nicht zu viele Change-Maßnahmen gleichzeitig durchgeführt werden, damit sie sich nicht gegenseitig behindern.
Management-Aufmerksamkeit am entscheidenden Punkt
Wie kann das Unternehmen das elegant und flüssig realisieren? Vom Start der ersten Maßnahme an müssen Ergebnisse entstehen. Das kann nicht dadurch geschehen, dass viele verschiedene Prozesse verbessert werden (KVP, TPS, Lean, SixSigma, …), deren Ergebnisse versickern oder sich sogar gegenseitig zunichtemachen. Wird aber der entscheidende Engpass, nämlich der Engpass Management-Aufmerksamkeit, richtig adressiert, werden auch die Ergebnisse sofort kommen. Dann wird erreicht, dass die Stabilität immer weiter anwächst, während als positiver Nebeneffekt – ohne direkt angesteuert zu werden – sich die finanzielle Performance positiv entwickelt. Gleichzeitig reduziert sich der Stress für Manager wie Mitarbeiter und das Vertrauen aller ins Change-Management wächst – die idealen Voraussetzungen für die nächsten Verbesserungen.
Über den Autor:
Uwe Techt ist Geschäftsführer der VISTEM GmbH & Co. KG und gilt als Vorreiter im deutschsprachigen Raum für die Nutzung der Theory of Constraints (TOC) und des Critical Chain Projektmanagements. Als strategischer Denker für grundlegende Verbesserungen und Durchbruchsinnovationen ist der Topmanagement Coach auch gefragt als Speaker und Autor. Zuletzt von ihm erschienen ist das Fachbuch „PROJECTS that FLOW“.