Mitarbeiter müssen „Selbstentwickler“ werden

Führung
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Viele Personalmanager erkannten diese Entwicklungslinien bereits vor Jahren. Und unter dem Stichwort „Employability“ formulierten sie die These: Die Mitarbeiter müssen „Selbstentwickler“ werden.

Das heißt, die Mitarbeiter müssen lernen,

  • selbst zu erkennen, wo bei ihnen ein Entwicklungsbedarf besteht, und
  • diesen entweder selbst oder mit selbstorganisierter Unterstützung zu befriedigen.

Und die operativen Führungskräfte? Sie müssen zu Persönlichkeiten heranreifen, die diese Lern- und Entwicklungsprozesse bei ihren Mitarbeitern fördern und so dazu beitragen, dass

  • die Performance ihres Bereichs kontinuierlich steigt  und
  • das Unternehmen schneller auf Veränderungen reagieren kann.

Thematisiert wurde dieser Sachverhalt in Personalerkreisen zumeist theoretisch. Konkrete Konsequenzen wurden hieraus selten gezogen und wenn dann primär im Bereich Führungskräfteentwicklung. So haben inzwischen viele Unternehmen in ihren Führungsleitlinien verankert, ihre Führungskräfte sollen Coachs ihrer Mitarbeiter sein, also Entwicklungsprozesse bei ihnen fördern und so dazu beitragen, dass diese auch künftig über die benötigte Kompetenz verfügen.

Führungskräfte sind überfordert

Das ist ein richtiger Ansatz, der jedoch unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu einer Mehrbelastung der ohnehin stark belasteten Führungskräfte führt. Denn zum einen sind sie nicht ausreichend für diese Aufgabe qualifiziert, und zum anderen haben ihre Mitarbeiter oft noch nicht das Bewusstsein verinnerlicht, dass sie ihre Kompetenz kontinuierlich weiterentwickeln müssen. Und schon gar nicht verfügen sie über die Kompetenz, die aufgrund veränderter Anforderungen bei ihnen entstehenden Entwicklungsbedarfe eigenständig zu erkennen und zu befriedigen.

Die Folge: Die Führungskräfte müssen im Arbeitsalltag noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Außerdem müssen sie regelmäßig korrigierend und unterstützend eingreifen, weil die erbrachte Leistung nicht mehr den Kundenanforderungen entspricht. Oder anders formuliert: Das Streben nach einer kontinuierlichen Kompetenz- und somit Qualitätsverbesserung ist noch kein stabiler Prozess. Er muss stets aufs Neue angestoßen werden, was viel Zeit und Energie seitens der Führungskräfte erfordert und ihr Gefühl des Überlastetseins forciert.

Lean Leadership: ein möglicher Lösungsweg

Diesen Zusammenhang haben einige Unternehmen erkannt. Deshalb stellen sie ihre Personal- und Führungskräfteentwicklungskonzepte grundlegend in Frage und feilen an neuen Konzepten, um dieses Dilemma zu lösen. Dabei orientieren sie sich zunehmend am Lean Leadership-Development-Modell.

Dieses Modell unterscheidet in der Kompetenzentwicklung von Führungskräften vier Stufen.

Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst entwickeln. Dahinter steckt die Annahme, dass künftig eine Kernkompetenz von Führungskräften ist, das eigene Verhalten und Wirken zu reflektieren und die eigene Performance systematisch zu erhöhen.

Stufe 2: Andere Menschen coachen und entwickeln. Die zweite Kompetenz-Stufe besteht in der Fähigkeit, als Führungskraft andere Personen so zu entwickeln, dass diese ihrerseits die Kompetenz erwerben, ihr Verhalten und ihr Wirken zu reflektieren und eigene Lernprozesse zu initiieren.

Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern (Kaizen) unterstützen. Hier geht es darum, Gruppen von Mitarbeitern (Teams, Abteilungen, Bereiche) in eine Richtung auszurichten und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sichern.

Stufe 4: Eine Vision schaffen und die Ziele abstimmen. In die letzte Entwicklungsstufe sind idealerweise alle Führungskräfte und die gesamte Organisation eingebunden. Nun geht es darum, das „Silo-Denken“ zu überwinden und alle Aktivitäten so aufeinander abzustimmen, dass die übergeordneten Unternehmensziele erreicht werden.

Auf dem Weg zur lernenden Organisation

Von einer Führungskräfteentwicklung, die sich an diesem Kompetenz-Modell orientiert, versprechen sich die Unternehmen, dass sich die Innovationskraft ihrer Organisation erhöht; des Weiteren, dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der Führungskräfte führt – und zwar in dem Maße wie ihre Mitarbeiter die Kompetenz entwickeln, eigenständig ihr Verhalten und Wirken zu reflektieren und sich zu entwickeln. Insofern sehen die Unternehmen hierin auch eine Maßnahme, einem Burn-out ihrer Führungskräfte vorzubeugen. Denn eine Fiktion ist es, anzunehmen, dass der Veränderungsdruck, der auf den Unternehmen und ihren Mitarbeitern lastet, in den kommenden Jahren sinkt. Also gilt es die Resilienz, sprich die Fähigkeit der Mitarbeiter, mit dem Druck umzugehen, zu erhöhen – jedoch nicht durch ein, zwei Stressmanagement-Seminare oder vergleichbare Work-Life-Balance-Angebote.

Ein solcher Ansatz greift zu kurz. Das haben inzwischen viele Unternehmen erkannt. Zentrales Ziel sollte es vielmehr sein, den Mitarbeitern das Bewusstsein zu vermitteln, dass die Notwendigkeit, sich zu verändern und regelmäßig die eigenen Denk- und Handlungsmuster zu überdenken, künftig ein integraler Bestandteil des Arbeitsalltags ist; des Weiteren ihnen das Selbstbewusstsein zu vermitteln „Irgendwie schaffe ich …“ beziehungsweise „… schaffen wir das schon“, so dass sie neue Herausforderungen

  • beherzt angehen und
  • sich eigenständig die erforderlichen Kompetenzen aneignen, um auch künftig Qualität zu produzieren.

Je mehr die Mitarbeiter hierzu bereit und fähig sind, umso stärker werden auch ihre Führungskräfte entlastet, da sie seltener korrigierend und unterstützend eingreifen müssen. Und das Unternehmen? Es hat seine Innovationsfähigkeit und -kraft und somit Wettbewerbsfähigkeit erhöht, da es sich zu einer lernenden Organisation entwickelt hat.

Lesen Sie auch Teil 1: Eine neue Führungskultur entwickeln

Über die Autorin:

Kudernatsch, DanielaDr. Daniela Kudernatsch ist Inhaberin der Unternehmensberatung KUDERNATSCH Consulting & Solutions in Straßlach bei München, die Unternehmen beim Umsetzen ihrer Strategie im Betriebsalltag unterstützt. Im März 2013 erschien ihr neuestes Buch „Hoshin Kanri – Unternehmensweite Strategieumsetzung mit Lean-Management-Tools“, das sich auch mit dem Thema Lean Leadership befasst.

 
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